Das allgemeine und das besondere Priestertum

Im Gesamtthema der diesjŠhrigen Fastenpredigten hier in Ihrer schšnen Heilig-Geist-Kirche ãOrientierungspunkte des II. Vat. KonzilsÒ soll heute Ÿber das allgemeine und das besondere Priestertum gesprochen werden.

Ich mšchte da jenes Wort an den Anfang der †berlegungen setzen, das Christus vor Pilatus gesprochen hat: ãMein Reich ist nicht von dieser Welt!Ò

Damit wollte er sagen, dass in seinem Reich, in seiner von ihm gestifteten Kirche alle AutoritŠt, alle €mter und deren Vollmachten nicht von der Welt ausgehen, sondern von Gott, nicht von unten stammen, sondern von oben, nicht durch demokratische Wahl zustande kommen, sondern durch Berufung und Sendung. Darum konnte Christus zu den von ihm erwŠhlten Aposteln sagen: ãWie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!Ò ÒNicht ihr habt mich erwŠhlt, sondern ich habe euch erwŠhlt und dazu gesandt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt!Ò

Die Kirche hat keine demokratische Verfassung, sondern eine hierarchische. Mit Recht hat der Oberhirte der Dišzese Fulda, Erzbischof Dyba, in der Schlusspredigt am Ende der Herbstversammlung der deutschen Bischofskonferenz am 26. September des vorigen Jahres (1985) gesagt: ãWer das Volk Gottes nach dem politischen Strickmuster der Demokratie von unten her aufbauen wollte, kam letztlich zu einer Kirche ohne Gott, ohne Berufung und Verhei§ung, zu einem blo§en Debattierklub, einem Turmbau von Babel.Ò

In der nicht demokratisch, sondern hierarchisch verfassten Kirche Christi gibt er, der ewige Hohepriester, in allem den Ton an, er aber wollte, dass alle Glieder der von ihm gestifteten Kirche Anteil haben an seiner vom Vater ausgehenden Sendung und an seinem Priestertum. Diese Teilnahme aller Glieder der Kirche an der Sendung und am Priestertum Christi aber sollte jeweils nicht blo§ graduell, sondern wesentlich verschieden sein bei den Laien und bei den geweihten Priestern.

Auch wenn das gesamte Volk Gottes priesterlich ist und einen gewissen Anteil am Priestertum Jesu Christi hat, so haben doch nicht alle Glieder der Kirche den gleichen Anteil am Priestertum Christi, vielmehr haben bestimmte Glieder der Kirche einen wesentlich hšheren Anteil daran und sind mit besonderen priesterlichen Vollmachten ausgestattet, sodass es in der Kirche nach dem Willen ihres Stifters neben dem allgemeinen Priestertum aller Getauften noch das besondere Priestertum der durch das Sakrament der Weihe mit besonderen Vollmachten ausgestattete Menschen gibt.

Das lie§e sich nun aus der hl. Schrift und dem darin klar ausgesprochenen Willen Christi leicht und klar aufzeigen. Mir kommt es aber jetzt nicht darauf an, klipp und klar einen stringenten Schriftbeweis fŸr das allgemeine und besondere Priestertum in der Kirche zu fŸhren.

Noch weniger kommt es mir darauf an, etwa das Weihepriestertum gegen das allgemeine Priestertum auszuspielen oder umgekehrt etwa im Sinn der Reformatoren nur das allgemeine Priestertum unter Leugnung des Weihepriestertums gelten zu lassen. Es kommt vielmehr nur darauf an, beide Formen des Priestertums in der priesterlichen Kirche Christi zur Geltung zu bringen.

Das aber geschieht in vorbildlicher Weise in einem liturgischen Text, auf den ich selbst erst gelegentlich einer Primizpredigt, die ich zu halten hatte, aufmerksam wurde. Es ist die PrŠfation der Chrisammesse des GrŸndonnerstags. Darin wird auf beides, auf das allgemeine und das besondere Priestertum in der Kirche in besonders klarer Weise hingewiesen. Darf ich den Wortlaut dieser PrŠfation zunŠchst zur Kenntnis bringen und dann diesen schšnen, vielsagenden Text nŠher erlŠutern. Dabei wird sich dann eindrucksvoll zeigen, worum es vor allem bei dem als Lebensberuf und Hauptberuf und nicht auf Zeit und Widerruf von Christus geplanten und gestifteten Weihe- oder Amtspriestertum in der Gemeinschaft des priesterlichen Volkes Gottes des neuen und ewigen Bundes geht.

Die PrŠfation der Chrisammesse am GrŸndonnerstag lautet so:

ãIn Wahrheit ist es wŸrdig und recht, Dir Herr, heiliger Vater, allmŠchtiger, ewiger Gott, immer und Ÿberall zu danken.

Du hast Deinen eingeborenen Sohn mit dem Heiligen Geist gesalbt und zum Hohenpriester des Neuen und ewigen Bundes bestellt.

Du hast bestimmt, dass dieses eine Priestertum fortlebe in Deiner Kirche. Denn Christus hat das ganze Volk Gottes ausgezeichnet mit der WŸrde seines eigenen kšniglichen Priestertums.

Aus dem Volk Gottes aber hat Er (Christus) in brŸderlicher Liebe Menschen erwŠhlt, die durch Handauflegung teilhaben an seinem priesterlichen Dienste.

In seinem Namen feiern die geweihten Priester immer neu das Opfer, durch das Christus die Menschen erlšst hat; sie bereiten dabei den Kindern Gottes das šsterliche Opfermahl.

Die geweihten Priester dienen dem Volk Gottes in Werken der Liebe, sie nŠhren das Volk Gottes durch das Offenbarungswort und stŠrken es durch die heiligen Sakramente.

Ihr Leben sollen die geweihten Priester einsetzen fŸr Dich, himmlischer Vater und fŸr das Heil der Menschen; sie sollen dabei dem Vorbild Christi folgen und ihm ihre Liebe und ihren Glauben in Treue bezeugen...Ò

Schauen wir uns nun diesen inhaltsreichen Text der PrŠfation der Chrisammesse nŠher an, um zu erfassen, worum es beim Priestertum Christi, beim Priestertum der Kirche, beim allgemeinen Priestertum aller Getauften und beim Priesterberuf als Lebensberuf geht:

  1. Zuerst ist ganz trinitarisch davon die Rede, dass Gott Vater seinen einziggeborenen, wesensgleichen, menschgewordenen Sohn Jesus Christus mit dem Heiligen Geist gesalbt und Ihn zum Hohenpriester des neuen und ewigen Bundes bestellt hat.

Da geht es um eine ganz wichtige Feststellung: Immer gilt in der Kirche: Jesus Christus ist der eigentliche Hohepriester. Auf ihn kommt alles an, er ist das Ma§, an dem in der Kirche und ihren Gliedern, vor allem auch an den geweihten Priestern alles zu messen und zu werden ist. Ohne Christus ist die Kirche nichts, ohne Christus kann die Kirche nichts, ohne Christus, ohne Teilhabe an Christi Priestertum sind die Priester der Kirche nichts und kšnnen die Priester nichts. Christus ist es, der – vom Heiligen Geist gesalbt – durch den Vater in die Welt gesandt worden ist, um zu suchen und zu retten, was verloren war. Letztlich ist es immer er selbst, Christus, der predigt und tauft, der losspricht und das eucharistische Opfer darbringt,  in welchem sein Kreuzesopfer immer wieder neu unter uns gegenwŠrtiggesetzt wird zum Heil der Welt. Zu den Priestern sagt der Herr in ganz besonderer Weise das, was er im Gleichnis vom Weinstock und den Reben gesagt hat: ãOhne mich, getrennt von mir, kšnnt ihr nichts tun!Ò

  1. Es folgt dann in der zitierten PrŠfation der Chrisammesse die zweite wichtige Feststellung: Gott Vater hat bestimmt, dass das eine, ewige Priestertum Jesu Christi in der von ihm gegrŸndeten Kirche fortleben soll. Der menschgewordene Sohn Gottes hat im Auftrag des himmlischen Vaters das ganze neutestamentliche Volk Gottes in der Kraft des Heiligen Geistes mit der wŸrde eines kšniglichen Priestertums ausgezeichnet.

Im 1. Petrusbrief (2,9) wird darum allen Gliedern der Kirche, allen durch die Taufe in die Kirche Eingegliederten gesagt: ãIhr seid ein auserwŠhltes Geschlecht, eine kšnigliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das Gottes besonderes Eigentum wurde, damit Ihr die Gro§taten dessen verkŸndet, der Euch aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat...Ò

Wenn sich doch alle getauften Glieder des priesterlichen Volkes Gottes in den einzelnen Pfarrgemeinden dieser priesterlichen WŸrde auch immer bewusst wŠren und dieser priesterlichen WŸrde dann auch Ausdruck verleihen wŸrden in einem schšn gestalteten und aktiv mitgefeierten Gottesdienst, besonders am Sonntag, am Tag des Herrn, und dies dann auch am Werktag unter Beweis stellen wŸrden in brŸderlichem Liebesdienst aller gegenŸber allen, vor allem gegenŸber dem Bruder in Not. Um das allgemeine, in der heiligen Taufe empfangene Priestertum auszuŸben, muss man wahrlich nicht unbedingt Kommunionspender oder Lektor sein oder sonstwie eine aktive Rolle im Pfarrleben spielen. Auch das ist schon priesterlicher Dienst im Sinn des allgemeinen Priestertums, wenn man glŠubig und bewusst in der kirchlichen Gemeinschaft der Pfarre steht und im richtig verstandenen ãsentire cum EcclesiaÒ mitbetet und mitopfert und – wenn es sein muss – auch mitleidet...

  1. Die dritte Feststellung, die nun in der zitierten PrŠfation der Chrisammesse des GrŸndonnerstags getroffen wird, ist die, dass Jesus Christus, der ewige Hohepriester, aus dem priesterlichen Volk Gottes in geheimnisvoller Gnadenwahl und herablassender Liebe einzelne MŠnner erwŠhlt, die durch die Handauflegung des Bischofs in ganz besonderer weise teilhaben dŸrfen am Priestertum des Gottmenschen.

Das Priestertum des sakramental geweihten und mit besonderen Vollmachten ausgestatteten Priesters ist Ÿber das allgemeine Priestertum des ganzen Gottesvolkes hinaus und Ÿber das allgemeine Priestertum jedes getauften hinaus eine ganz besondere, wesentlich hšhere Anteilnahme am Priestertum Christi.

Der geweihte Priester ist dazu erwŠhlt, berufen, geweiht und bevollmŠchtigt, dienend dem Herrn Jesus Christus seinen Mund und sein Herz, seine HŠnde und FŸ§e zu leihen, damit er in der Person Christi, ihn reprŠsentierend und vertretend, durch ihn und mit ihm und in ihm in der Wandlungsgewalt und SŸndenvergebungsgewalt Verwalter der Heilsgeheimnisse und Ausspender der Gnaden Christi sei.

  1. In der 4. Feststellung der genannten PrŠfation der Chrisammesse am GrŸndonnerstag wird diese mehrfache Aufgabe des geweihten Priesters im Einzelnen noch nŠher dargelegt:

(1)   Der geweihte Priester darf im Namen Jesu Christi immer wieder das unendlich wertvolle Lob- und Dank­-, SŸhn- und Bittopfer darbringen, das Christus, der ewige Hohepriester beim Letzten Abendmahl unblutig und am Kreuz auf Golgotha blutig dem himmlischen Vater dargebracht hat.

(2)   Der geweihte Priester darf bei der hl. Messe immer wieder das kostbare Opfermahl des Leibes und Blutes Christi den GlŠubigen bereiten.

(3)   Der geweihte Priester – so hei§t es weiter in der genannten PrŠfation der Chrisammesse – soll dem Volk Gottes in Werken der Liebe dienen, er soll das Wort der ewigen Wahrheit verkŸnden und soll das Volk Gottes auf seinem Pilgerweg zur ewigen Heimat stŠrken durch die Spendung der heiligen Sakramente.

 

  1. Zuletzt wird in dieser PrŠfation der Chrisammesse in einer fŸnften Feststellung darauf hingewiesen, in welcher Haltung und Gesinnung der geweihte Priester den mannigfachen Auftrag des ewigen Hohenpriesters Christus ausfŸhren soll:

(1)   Mit ganz selbstloser Dienstbereitschaft und Einsatzfreude fŸr die grš§ere Ehre Gottes und das Heil der unsterblichen Seelen,

(2)   In bestŠndiger Nachahmung des Beispiels Christi, der allen alles geworden ist und erklŠrt hat, er sei nicht gekommen, um sich bedienen zu lassen, sondern um zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lšsepreis fŸr die vielen.

Ach, wie weit sind wir Priester, ob alt oder jung, von solcher Haltung und Gesinnung entfernt. Wir tragen dadurch leider unseren gehšrigen Teil dazu bei, dass die Kirche, der wir alle angehšren, eine ãEcclesia semper reformandaÒ ist und nicht das ist, was sie nach dem Willen Christi sein sollte.

Ich denke hier aber umgekehrt auch an die vielen, vielen heiligen Priester aus allen Jahrhunderten der Kirchengeschichte, die es nicht nur in Italien, in der Heimat des hl. Don Bosco gegeben hat und in Frankreich, in der Heimat des heiligen Pfarrers von Ars, und in Polen, in der Heimat des hl. Maximilian Kolbe, sondern auch in unseren deutschsprachigen LŠndern, aus unserer jŸngsten Vergangenheit denke ich etwa an den seligen Carl Steeb oder an den seligen Arnold Janssen oder an den ehrwŸrdigen P. Victricius Wei§, dessen Seligsprechungsprozess fast abgeschlossen ist, oder ganz besonders an P. Rupert Mayr.

Beurteilen wir doch den Priesterstand nicht nach denen, die armselig versagt haben. Versager gibt es in jedem Beruf. Denken wir vielmehr an die fast zahllosen guten, ja heiligmŠ§igen, wahrhaft glŠubigen und frommen, seeleneifrigen und selbstlosen Priester, die in allen Jahrhunderten, auch in unserem immer in der †berzahl waren.

ãStefanus heuteÒ, so ist die Biographie jenes jungen Priesters Karl Leisner betitelt, der im KZ Dachau zum Priester geweiht worden ist und kurz nach seiner Befreiung nach nur ganz wenigen Monaten seines Priesterlebens an den Folgen der im KZ erlittenen QuŠlereien gestorben ist und von dem nun der Seligsprechungsprozess lŠuft.

Von ihm ist mir das Gebet in die HŠnde gespielt worden, das er am Tag seiner Priesterweihe im KZ niedergeschrieben und dann tŠglich als Morgengebet gebetet hat:

Darf ich mit diesem Gebet meine Predigt schlie§en?

ãDreieiniger Gott, dir seien die ersten Augenblicke dieses neugeschenkten Tages als priesterliche Morgengabe dargebracht.

In priesterlicher Hingabe weihe ich dir diesen Tag mit allem, was immer er nach deiner allwaltenden Vorsehung bringen mag.

Millionen und Millionen erdversunkener Menschen denken heute nicht an dich. Ich hingegen, selber aus sŸndebeschwerten Menschen herausgehoben und dank deiner GŸte fŸr die Menschen als Priester bestellt, mšchte in priesterlicher Liebe und SŸhne ersetzen, was jene fehlen.

Dir, dem Kšnig der Ewigkeit, sei Ehre, Lob und Preis, heute und immer und allerorten!

Segne nun, o Dreieiniger, mein priesterliches Tagewerk. Lass es durch deine helfende und erleuchtende Gnade fŸr mich und viele andere Menschen segensreich werden!

Du, Vater im Himmel, gedenke der inhaltsschweren Worte deines menschgewordenen Sohnes: âWie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch!Ô Sei mit mir, auf dass ich meine hohen, hehren Priestervollmachten, in denen ich die Sendung deines Sohnes fortsetzen darf, dir zur Ehre und der Welt und mir selber zum Heil nŸtze!

Du aber, gšttlicher Meister und ewiger Hoherpriester, hast mich durch die Priesterweihe zu deinem Freund erkoren. Bleibe denn bei mir und segne mein Priesterwirken im Weinberg der von dir so innig geliebten und teuer erkauften Seelen!

Und du, Tršster Geist, bei der Priesterweihe auf mich herabgefleht, lass mich in deiner Kraft und mit deinem Trost alles Schwere und  ....Ò   (SCHLUSS FEHLT!)